In einem Brief aus Russland erzählt ein 80-jähriger Mann die schönste Weihnachtserinnerung seines Lebens:
„Wir waren eine arme Bauersfamilie. Wir wohnten im Wald in Nordkarelien. Damals, am Anfang des Jahrhunderts, litten wir unter der Armut. Die wirtschaftliche Lage unter der Dorfbevölkerung unserer Gegend war sehr schlecht. Weihnachtsgeschenke waren bei uns unbekannt. Zu Weihnachten gehörte bei uns eine gründliche Reinigung der Stube, dann die Weihnachtssauna, das Singen der Weihnachtslieder und das Lesen der Weihnachtsgeschichte. Und dann gehörte auch der Weihnachtstisch dazu, wo man sich wirklich einmal sattessen konnte.
Als ich sieben Jahre alt war, erkrankte ich gerade zu Weihnachten. Und dann brachte der Vater uns zum ersten Mal Weihnachtsgeschenke. Ich und mein Bruder erhielten zum ersten Mal einen mit Zuckerornamenten geschmückten Lebkuchen. Es war für mich etwas so Gewaltiges, als hielte ich das Beste in der ganzen Welt in meiner Hand.
Gewiß konnte und wollte ich den Kuchen auch nicht gleich aufessen, sondern legte meinen Schatz neben mein Krankenbett auf ein Schränkchen hin. Meine Aufregung war sehr groß, daß ich auch nachts nicht einschlafen konnte. So hörte ich mitten in der Nacht, wie mein Bruder aufstand und leise, ganz leise zu meinem Lebkuchen schlich. Ich wurde starr vor Schreck, daß mein Bruder so etwas tut! Als er wieder zurückgeschlichen war, tastete ich nach meinem Lebkuchen – und da lagen zwei! Mein Bruder wollte, daß ich einen Kuchen aufessen und den andern bewundern konnte.
Das ist das schönste Weihnachtsgeschenk meines Lebens geblieben! Auch wir sind heute aufgefordert, unseren Lebkuchen weiterzugeben, besonders an Menschen in Not und Traurigkeit. Möge in der Welt heute, wo die Starken oft das Letzte des Schwachen und Kranken stehlen, sich dieser echte Brudergeist in der Praxis offenbaren. Gerade wenn es Nacht ist, leuchten die Sterne am hellsten. Die Liebe Christi bleibt dennoch die größte Gewalt. Und dies ist auch uns anvertraut!“ Nach „Dein Reich komme“, Mitteilungen des Missionsbundes Licht im Osten, Korntal, 6/1975, S.4